Anzeige

Aufklärung Wie sag ich´s meinem Kind?

Aufklärungsgespräch zwischen Mutter und Tochter
© Thinkstock - Jupiterimages
Haben Sie jemals darüber nachgedacht, ob Ihr Kind schon alt genug ist, ihm zu erklären, warum man in die Arbeit geht oder einkaufen oder schlafen? Vermutlich nicht - man spricht einfach darüber und zwar möglichst kurz und klar. So unverkrampft könnte auch Aufklärung ablaufen.

Sobald Kinder Fragen stellen, sind sie nicht zu jung für die entsprechenden Antworten. Manchmal führt zum Beispiel die Ankunft eines Geschwisterchens dazu, dass schon Zweijährige über ihre Herkunft grübeln.

Die wichtigste Grundregel in diesem Zusammenhang: Je jünger das Kind, umso kürzer muss die Antwort sein. Zunächst genügt meist ein einziger Satz: "Babys wachsen im Bauch ihrer Mutter!"
Aber diese ersten Anfragen bereiten den meisten Eltern auch kaum Kopfzerbrechen. Das sieht anders aus, wenn Kinder wissen wollen, wie die Babys in den Bauch von Mama hineinkommen.
Jetzt rätseln viele Mütter und Väter, ob und wie sie beim Namen nennen sollen, worüber sie sonst auch eher selten sprechen: Sex zwischen Mann und Frau.

Das ist nicht einfach, denn unsere Sprache bietet für die körperliche Liebe nicht allzu viele Varianten an. Landläufige Begriffe erscheinen den meisten Eltern nicht kindgerecht. Wir haben in der kleinen Bildgeschichte von Mareike und Lukas für die Geschlechtsorgane und den Geschlechtsverkehr neutrale Wendungen gebraucht.
Natürlich heißt das nicht, dass andere Bezeichnungen falsch sind, im Gegenteil. Es ist schön, wenn sich über die Jahre eine "Familiensprache" entwickelt hat. So bevorzugen Eltern für den Penis oft Namen wie "Pipimann" oder "Pimmelchen". Für die Scheide ist wohl "Muschi" die gebräuchlichste und "Pfläumchen" eine weniger bekannte, aber nette Variante. Das allen vertraute Vokabular erleichtert es, über Sexualität zu reden.
Allerdings sollten Kinder spätestens bis zum Schuleintritt die wichtigsten, allgemein verständlichen Begriffe kennen und nicht nur die: Sie sollten auch darüber aufgeklärt sein, woher die Kinder kommen und wie sie gezeugt werden.

Heißt das, Eltern müssen selbst die Initiative ergreifen, wenn ein Kind nie von sich aus neugierige Fragen stellt?
Bei Kindern im Schulalter ja. Es könnte sein, dass sich das Kind nicht traut, das Thema anzusprechen. Oder es könnte sich seine eigenen Erklärungen zurechtphantasieren, die manchmal durchaus korrekturbedürftig sind. Schließlich sollten Erstklässler nicht mehr glauben, dass Babys verschluckt werden oder durch den Bauchnabel auf die Welt kommen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Eine Bildgeschichte hilft Eltern dabei, solche Unklarheiten zu beseitigen und mit ihren Kindern über Sexualität ins Gespräch zu kommen. Dabei ist es sinnvoll, nicht gleich mit dem Vorlesen zu beginnen. Zunächst gilt es, den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Sie selbst sollten die Ruhe dafür haben, und Ihr Kind muss Interesse mitbringen. Schließlich ist Aufklärung keine Unterrichtseinheit, die man abfragt wie die Vokabeln einer Fremdsprache.
Am besten lassen Sie die Seiten ein paar Tage wie zufällig auf dem Tisch liegen. Bleibt Ihr Kind stumm und teilnahmslos, ist es offensichtlich nicht der richtige Moment.

Vielleicht schaut es die Geschichte aber auch aufmerksam an. Dann dürfen Sie nachhaken, zum Beispiel beiläufig auf das Baby im Bauch zeigen und sagen: "Guck mal, so war das auch, als du in mir gewachsen bist. Du hast gestrampelt, und ich habe dir Kinderlieder vorgesungen. Da wurdest du immer ganz ruhig."
In solchen Sätzen schwingt automatisch mit, was bei der Aufklärung mindestens so wichtig ist wie Worte: Zärtlichkeit und Gefühl. Das gilt besonders dann, wenn es weniger um die technischen Aspekte von Zeugung und Geburt geht als vielmehr um die sinnlichen Seiten der Liebe.
Denn Kinder sollen auch erfahren, dass Erwachsene nicht nur Sex haben, um Kinder zu kriegen, sondern, weil es schön und lustvoll ist.

Keine Angst, Sie müssen dabei nicht locker über Ihr Intimleben plaudern. Jedes Elternpaar hat seine persönliche Grenze, und die muss niemand überschreiten. Wichtig ist allerdings, dass Eltern die kindliche Neugier zulassen und Fragen niemals abwerten. Kinder brauchen die Gewissheit, dass es daheim kein Tabuthema gibt.
Das ist umso wichtiger, wenn man bedenkt, dass Sexualerziehung nicht mit dem letzten Satz einer Aufklärungsgeschichte zu Ende geht. Dieses Thema begleitet eine Familie im Idealfall über viele Jahre, wobei es Eltern bei der ein oder anderen Bemerkung durchaus die Sprache verschlagen kann. Zum Beispiel, wenn die fünfjährige Tochter der Nachbarin über den Gartenzaun erzählt, dass Mama und Papa manchmal "Bremer Stadtmusikanten" spielen. Oder wenn im Vorschulalter plötzlich aufgeschnappte Worte wie "ficken" oder "bumsen" hoch im Kurs stehen. Meist wissen die Kinder gar nicht, was das bedeutet. Aber sie merken, dass die Erwachsenen rote Köpfe kriegen, und finden an der Wirkung ihrer Aussprüche Gefallen. Also möglichst gelassen reagieren.

Bei einer Anmache wie "Du Fotze" oder "Du Arschficker" sollten Eltern jedoch klar machen, dass solche Wörter einen Menschen sehr verletzen und gemein sind. Außerdem ziehen sie in den Schmutz, was zu den schönsten und aufregendsten Dingen gehört, die zwei Menschen miteinander erleben können: die körperliche Liebe. Und genau darauf will Sexualerziehung schließlich vorbereiten.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel